Text 3. Der erste Computer




 

Er steuert die Waschmaschine und den Marsflugkörper, er daddelt im Gameboy und überwacht die Herzfrequenzmessung bei Operationen: der Com­puter.

Programmierbare elektrische Rechenmaschinen, vom simplen Chip im Haus-haltsgerät bis zum stickstoffgekühlten Superrechner in hochgeheimen Laboratorien, helfen heute dem Menschen bei der Arbeit, während der Freizeit, bei der Forschung - und werden ihn in vielen Bereichen irgendwann überflüssig machen.

Das ebenso hilfreiche wie bedrohliche Gerät wurde von einem Autodidakten erfunden, dem 1910 geborenen Ingenieur Konrad Zuse. 1936 hatte der Deutsche die «Z 1» konstruiert, einen mechanisch arbeitenden Rechner, der aber nicht zuverlässig funktionierte. Fünf Jahre später vollendete Zuse die «Z 3», ein elektromagnetisch arbeitendes Gerät, das programmierbar war und das Binärsystem nutzte, also alle Zahlen als Abfolge von 0 und 1 darstellte: den «Ur-Computer».

Denn ein Computer ist nichts anderes als ein Apparat zur Verarbeitung von Daten, etwa der Addition von Zahlen. Das ging zwar auch schon auf mechanische Weise, doch

erst elektrische Geräte waren schnell und flexibel genug, um große Datenmengen in relativ kurzer Zeit abzuarbeiten.

Zuse blieb in Nazideutschland allerdings ein Außenseiter ohne große Forschungs-möglichkeiten - anders als seine amerikanischen Kollegen. In den USA bauten Wis-senschaftler (unabhängig von Zuse) von 1943 an immer leistungsfähigere Computer. Die ersten waren noch garagengroße, permanent vom Hitzekollaps bedrohte Rohrenapparate; später übernahmen Transistoren, danach Chips die Arbeit. Und während die Rech­ner immer kleiner wurden, explodierte deren Leistung: Der Eniac von 1946 konnte 5000 Additionen in der Sekunde erledigen; zehn Jahre später waren es 15 000 pro Se­kunde, weitere zehn Jahre darauf 150 000.

Als Zuse 1995 starb, war schon der Chip einer Spülmaschine um ein Vielfaches lei-stungsfähiger als eine «Z 3». Schlichte PCs bringen es heute bereits auf etwa 200 Millionen Operationen, Supercom­puter «fressen» mehrere hundert Milliarden Daten pro Sekunde.

Seine Schnelligkeit hat den Computer unentbehrlich gemacht. Längst gibt es

mehr Rechner als Menschen auf der Welt, nämlich 6,5 Milliarden. «Klüger» ist er in all den Jahren allerdings nicht geworden, denn er arbeitet nach wie vor nur Aufgaben ab, die ihm Menschen einprogrammiert haben. Möglicherweise wird es demnächst wirklich lernfähige Computer geben. Und wer weiß: Vielleicht wird irgendwann im nächsten Millennium die menschliche Intelligenz tatsächlich von der maschinellen ausgestochen.

 


Text 4. Das Internet

1.

Das Internet geht auf eine 1969 installierte exklusive Verbindung zwischen Rechnern militärischer und wissenschaftlicher Institutionen in den USA zurück, die sich allmählich zu einem internationalen, auch privat zugänglichen Netzwerk entwickelte. Erst seit den frühen neunziger Jahren explodiert die Zahl der Anschlüsse, heute sind Institutionen jeder Art, Firmen und Privatpersonen online. Dieses weltweite Computernetz ist wie kein anderes Phänomen zugleich Ursache, Folge und Kennzeichen der Globalisierung. Ursache deshalb, weil es die Kommunikation (zum Beispiel per E-Mail), die Information (etwa durch Nachrichtenagenturen, deren Meldungen ohne Zeitverzögerung abgefragt werden können), den Handel (über «virtuelle Kaufhäuser»), ja zukünftig selbst politische Willensbildungen globalisiert. So will das US-Verteidigungsministerium erstmals probeweise zur nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 950 ihrer rund sechs Millionen weltweit stationierten Soldaten und Regierungsangestellten anbieten, ihre Stimme online abgeben zu können.

Zugleich ist das Internet aber auch als Folge anderer Globalisierungstendenzen groß geworden. Es intensivierte das ohnehin seit Jahrzehnten rapide Zusammenwachsen der Handels- und Finanzwelt ebenso wie die weltweite Ausbreitung der Popkultur, für die das Computernetz eine neue Ausdrucks- und Werbeform unter vielen geworden ist. Auch ökonomisch ist die virtuelle Welt längst zu einem realen Faktor geworden. Die führenden Industrienationen (G-7-Staaten) erwirtschafteten 1995 einen Umsatz von 45 Milliarden Mark (in Deutschland waren es drei Milliarden) im Online-Bereich. 2001 sollen es, so die Schätzung, bereits 500 Milliarden Mark sein, davon entfielen auf Deutschland 38 Milliarden.

Arbeitsplätze sind dank des Computernetzes mühelos an andere Stellen des Globus zu verlegen. So kön­nen indische Software-Entwickler daheim an ihren Rechnern arbeiten und ihre Entwürfe per Datenleitung den Auftraggebern in Europa oder den USA übermitteln. Andererseits können Online-Aktivitäten auch neue Arbeitsplätze schaffen. Alleinerziehende Frauen oder körperbehinderte Menschen etwa, die schlecht oder gar nicht acht Stunden täglich im Büro präsent sein könnten, haben nun die Chance, an qualifizierte Heimarbeit zu kommen.

 

2.

Doch auch wenn das Internet geografische und zeitliche Beschränkungen aufgehoben hat - grenzenlos ist es keineswegs. Vielmehr zementiert es Grenzen und schafft sogar neue. In ganz Schwarzafrika etwa sind nur rund eine Million Menschen online - weniger als n Finnland. Und dieses Verhältnis ist loch geschönt, denn die Hälfte bis zwei Drittel aller «schwarz» afrikanischen Internetzugänge werden in Südafrika gezählt - und gehören Weißen. Für Bangladesch, Nordkorea und die West-Sahara gibt es im Netz nicht einmal eine Landeskennung, und in Eritrea und der Republik Kongo ist zur Zeit kein einziger «User» registriert. Eine grundlegende Veränderung dieser Situation ist nicht in Sicht: Knapp zwei Drittel aller Haushalte weltweit verfügen bis heute nicht über einen Telefonanschluss, und die Hälfte aller Familien ist so arm, daß sie sich auch keinen leisten könnte, selbst wenn die Kabel vor der Tür lägen.

Selbst in den westlichen Industrienationen ist das Internet keinesfalls der globale Gleichmacher. In der Online-Supermacht USA hängen inzwischen mehr als 50 Prozent der Gutverdienenden (über 75 000 Dollar Jahreseinkommen) im Netz - aber nur zwei Prozent derjenigen, die über weniger als 10 000 Dollar jährlich verfügen. Zudem fällt nach einer Untersuchung der Universität Frankfurt am Main über ein Drittel der On­line-Aktivität unter die Rubrik «Sex» im weitesten Sinne, ein weiteres Viertel betrifft die Computerwelt oder das Inter­net. Platz drei der Nutzungsintensität nehmen die virtuellen Abkömmlinge tra-ditioneller Medien ein. Auf originäre, internetspezifische Formen wie News­groups oder E-Mail-Listen aber entfällt heute nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der Surfer-Gunst.

Trotzdem scheint das Netz eine neue Form der globalen virtuellen Politik hervorzubringen, die anders ist als die überkommene, schneller und manchmal bizarrer. Als sich etwa die kritische Lokalzeitung «Post» in der sambischen Hauptstadt Lusaka durch die Zensur behindert sah, alarmierten die Redakteure über einen von der Or­ganisation Misanet betreuten E-Mail-Dienst Kollegen überall auf der Erde und baten darum, daß Druck von au-ßen auf die Zensurbehörde ausgeübt werde. Und Atomkraftgegner schmuggelten das Bild einer Nuklearexplosion auf die Homepage eines Kernkraftwerkbetreibers, zusammen mit dem Text: «Unsere Atomkraftwerke sind so sicher wie unsere Homepage!»

Das kommunistische China fürchtet das Internet mittlerweile so sehr, daß sich alle User beim «Büro für öffentliche Sicherheit» registrieren lassen müssen. 1996 kappten Beijings Zensoren rund 100 regimekritische Internet-Seiten. Und wer eine chinesische E-Mail-Adresse ins Ausland weitergibt, riskiert eine Gefängnisstrafe.

Der bislang bizarrste Vorfall aber ist wohl die Publikation des Starr-Report über Präsident Clintons angebliche Verfehlungen im September 1998 im Inter­net. Hier vermengten sich politische Strategie, das öffentliche Interesse und die schier unglaubliche Schnelligkeit des Internet zu einer neuen Quantität globaler Neugier. Als der Fernsehsen-der CNN eine Kopie des Berichts auf seiner Internetseite veröffentlichte, wurde darauf anfangs 350 000mal zugegriffen. Pro Minute.



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