Bionik. Voraussetzungen und Aufgaben.




 

Die Aufgabe dieses neuen Wissenschaftszweiges besteht darin, biologische Systeme sowie die ihnen zurgrunde liegenden Prinzipien zu erforschen und zu prьfen, ob sich дhnliche Lцsungen in der Technik anwenden lassen.

Die Natur ist ein besserer Ingenieur als der Mensch. Das ist kein Wunder. Sie hat Milliarden Jahre in einem Riesenlaboratorium gearbeitet und ungezдhlte Experimente angestellt. Dabei haben sich im Verlaufe der Entwicklung hochgezьchtete Eigenschaften und Sinnesorgane von phantastischer Funktionstьchtigkeit herausgebildet.

Techniker muЯ die Natur kennen und studieren, wenn er seine eigenen Gerдte zu einer hohen Leistung bringen will oder wenn er nach neuen Prinzipien sucht. Es ist eine Tatsache, daЯ in der Natur auch heute noch mehr Patente stecken, als jemals an Erfinder vergeben wurden. Nur, man muЯ sie erforschen, denn Patentschriften hat sie leider nicht angefertigt.

Diese Patentgeheimnisse stecken hinter all den Fragen, die wir selbst stellen: Wie vermцgen sich die Vцgel im Raum zu orientieren? Wie finden sie sich auf ihrem Flug ьber 10.000 bis 17.000 Meter Entfernung zurecht, und wie finden sie sogar ihr altes Nest wieder? Wie funktioniert das Organ der Fische, die sich mit einem elektrischen Feld umgeben? Wie ist das Organ beschaffen, mit dem die Klapperschlange auf Infrarotstrahlen reagiert und damit Wдrmeunterschiede von einem tausendstel Grad wahrnimmt? Wie finden Schmetterlinge zueinander? Verstдndigen sich Insekten mit Hilfe elektromagnetischer Wellen? Wie funktionieren die Leuchtorgane der Tiefseefische? Woher wissen Bienen, wie spдt es ist?

Fragen ьber Fragen. Von ihrer richtigen Beantwortung hдngt auЯerordentlich viel ab.

Die Wissenschaft hat feststellen kцnnen, daЯ jeder lebende Organismus - vom Kolibri bis zum Kondor, vom einzelligen Strahlentierchen bis zum Wal, vom winzigen Grashalm bis zur majestдtischen Kiefer - in jeder Hinsicht eine vollendete, nachahmenswerte Konstruktion darstellt. Obwohl die Bionik erst vor kurzem ihre offizielle Anerkennung gefunden hat, wьrde es eine ganze Weile dauern, wollte man die Ergebnisse ihrer Forschungen alle aufzдhlen.

So ist zum Beispiel ein Gerдt entwickelt worden, das eine genaue Nachbildung des Gehцrorgans der Qualle darstellt. Mit seiner Hilfe lassen sich Stьrme um 12 bis 14 Stunden frьher voraussagen als mit einem gewцhnlichen Barometer.

Anhand eingehender Untersuchungen der Struktur des Auges der Hufeisenkrabbe konnte die Kontrastschдrte von Fernsehapparaten verbessert werden.

Der Nilhecht beispielsweise, der sich auch einer elektrischen Orientierung bedient, ist zu einem besonders wichtigen Studienobjekt geworden. Die Bioniker wollen das Organ finden, mit dem er sich ьber das Raumbild informiert und zwischen Isolatoren und Leitern genau zu unterscheiden vermag. Das Nilhecht-Ortungsprinzip kцnnte fьr uns interessant werden, da ьbliche Echoanlagen zwischen einem in der Tiefe schwimmenden Wal und einem U-Boot nicht unterscheiden kцnnen.

Andere Forscher befassen sich mit Insekten. Sie nehmen an, daЯ deren Fьhler die Rolle von Antennen spielen und sie sich mit elektromagnetischen Wellen verstдndigen. Aufgefunden hat man solche Wellen allerdings noch nicht. Es heiЯt, sie seien so kurz, daЯ wir sie noch nicht messen kцnnen. Techniker haben errechnet, daЯ ein zehntausendstel Watt genьgt, um eine Strecke von ьber sieben Kilometern zu ьberbrьcken. Diese Leistung kцnnte auch ein Insekt aufbringen, denn bei einer Sendezeit von anderthalb Minuten wьrde es nur ein vierhuderttausendstel Gramm Fett verbrauchen. Wenn der Mensch hinter das Geheimnis so kleiner Sende- und Empfangsanlagen kдme, kцnnte das eine groЯe praktische Bedeutung fьr die Informations- und Steuerungstechnik haben.

Beim FluЯkrebs ist ein erstaunliches Gleichgewichtsorgan entdeckt worden. Es ist von auЯerordentlicher Empfindlichkeit gegenьber Verlagerungen in jeder beliebigen Richtung und gegen Vibration. Noch wissen wir nicht, wie es beschaffen ist und wie es funktioniert. Aber wenn das geklдrt ist, werden Gerдte entstehen, mit denen die kьnftigen Erforscher des Erdinneren bei ihrem Abstieg ihren Standort genau bestimmen kцnnen.

Japanische Wissenschaftler stellten fest, daЯ die Form des Wals der Fortbewegung im Wasser besser dient als die messerfцrmige Form der modernen Schiffe. Die Schiffsbauer, die diese Entdeckung ausnutzten, bauten ein Schiff mit der дuЯeren Form eines Wals. Das von den japanischen Konstrukteuren geschaffene Schiff ist wirtschaftlich vorteilhafter als die anderen Schiffe, weil seine Motoren bei gleicher Geschwindigkeit und Tragfдhigkeit des Schiffs eine geringere Leistung brauchen.

Kьrzlich wurde festgestellt, daЯ Ratten ein Organ besitzen, mit dem sie auf Rцntgenstrahlen zu reagieren vermцgen. Sie sprechen bereits auf eine Dosis von nur 20 Millirцntgen, gegeben in einer Zehntelsekunde, an! Es ist verstдndlich, daЯ die Bioniker diese seltene Fдhigkeit mit besonderer Aufmerksamkeit studieren, um herauszufinden, wie dieses natьrliche "Strahlennachweisgerдt" funktioniert.

Die Sonnenblume besitzt die Eigenschaft, ihren Kopf stдndig der Sonne zuzuwenden. Kann man dieses "Verfolgungsprinzip" zur Speisung der Sonnenbatterien in kosmischen Forschungslaboratorien kopieren? Die Ingenieure beschдftigen sich damit.

Aber auch in anderer Weise lernen die Ingenieure von Naturformen. Da ist zum Beispiel in der Sowjetunion das Modell Pinguin entwickelt worden, ein schneegдngiges Fahrzeug, das nichts mehr mit einem Schlitten und nur noch wenig mit einem Automobil zu tun hat. Bei seiner Konstruktion wurde das "Pinguinprinzip" angewendet. Dieser originelle Vogel bewegt sich im lockeren Schnee, indem er auf dem Bauch liegt und sich mit den flьgelartigen Flossen wie auf Skistцcken abstцЯt. Dieses Gleitprinzip ist fьr das neue Fahrzeug ьbernommen worden. Es liegt mit dem Boden - dem Bauch - auf der Schneeflдche, und zwei Radschaufeln stoЯen es vorwдrts. Es gleitet mьhelos ьber lockeren, hohen Schnee, sinkt nicht ein, ist leicht lenkbar und erreicht eine Hцchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Es ьbertrifft bei weitem die motorisierten Scheefahrzeuge alter Art und wird zur Zeit mit groЯem Erfolg auf unseren antarktischen Stationen verwendet.

Diese Beispiele zeigen, wie die neue Wissenschaft nicht nur zu erklдren versucht, was bisher unerklдrlich war, sondern daЯ sie dem Menschen und seiner Technik alles das nutzbar machen will, was die Natur in anderen Organismen ausgebildet hat.

 

 



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