Ein Herr Guthmann wird erwartet




Kapitel 15

Er war gerade beim Packen seines Koffers, als Mar­tha Guthmann vor der Tür stand. Sie sagte, sie wäre "zufällig" in dieser Gegend gewe­sen, und da hätte sie sich gedacht, wo du nun schon hier bist, Martha, kannst du rasch mal nach dem Bastian schaun und Abschied von ihm nehmen.

"Abschied?" Er grinste. "Für einen Tag? Das glaubst du doch wohl selbst nicht."

Nein, das glaubte sie auch nicht und lenkte darum ab: "Für einen Tag so einen großen Koffer?" Sie hob seinen Deckel an.

In dem großen schwarzen Gepäckstück fürchteten sich ein Paar Socken, ein Hemd und eine Unterhose vor einer großen Papierschere.

"Ich hab' keinen kleineren", sagte Bastian und warf noch das hinein, was man unter dem Begriff "Kulturbeu­tel" zu kaufen pflegt und was bei ihm immer voll Zahn­pastaflecken war.

Großmutter betrachtete ihn prüfend. "Ich vermisse die schöne neue Hose an dir?"

"Ach, ja, das dachte ich mir, dass du das sagen wirst", er hatte nicht die Kraft, ihr den schweren Verlust mitzuteilen — zumindest jetzt nicht. Später einmal. Schonend. Es würde sie zu arg treffen, dass alle Nervenkraft, aller Ärger und das gute Geld umsonst ver­schwendet worden waren.

"Katharina hat die Hose schon mitgenommen. Damit ich sie nicht vergesse." Das beruhigte Großmutter. Einer Ärztin konnte man vertrauen.

"Aber zum Friseur hättest du noch gehen müssen."

"Ja", sagte Bastian.

"Du sagst immer ja", sagte Großmutter ärgerlich.

"Ja", sagte Bastian und verschloss seinen Koffer.

"Und dann wollte ich dich bitten, wenn 'du bei den Freudes bist — red nicht über Politik, nein?"

"Warum nicht?"

"Vielleicht haben sie eine andere Einstellung als du."

"Und wenn?"

"Ich mein' ja nur, schließlich bist du ihr Gast."

"Und wenn einer Gast ist, muss er die Klappe halten, ja?"

"Bitte, halt sie, Bub, und trink dir keinen an. Wenn du einen sitzen hast..."

"Am besten, du kommst mit und passt auf mich auf."

Bastian nahm seinen Koffer und drückte einen Kuss auf Oma. "Wenn du noch bleiben willst, schließ bitte ab." Er sah sich um, ob er auch nichts vergessen hatte. Großmutter sah indessen ihren Enkel an.

"Bastian", sagte sie zart. Und als er misstrauisch guckte: "Ach, schon gut. Ich sag' lieber nichts mehr."

"Dein Glück, Martha."

"Trotzdem hast du fürchterliche Socken an!"

Nachdem sie ihren Enkel verabschiedet hatte, fuhr Martha Guthmann wie jeden Sonntagvormittag zum Friedhof, um ihren Verschiedenen zu gießen. Es war um dieselbe Zeit, zu der er einstmals in die Wirtschaft zu gehen pflegte.

Postum verwöhnte sie ihn mit all den kleinen Freu­den, die sie ihm zu Lebzeiten schwer verübelt hatte. Sie war ihm nicht oft eine verständnisvolle Frau gewesen. Aber sie war ihm eine gute Witwe. Doch, das war sie. Sie hatte ihm ein schönes Liegen gekauft, mit Sonne, damit ihm die Füße nicht froren. Sie goss ihn zur Frühschop-Penzeit und ließ kein Unkraut auf ihm zu.

Von all ihren Kindern und Enkeln war Bastian ihrem Verstorbenen am ähnlichsten. Darum hatte sie ihre despotische Liebe auf ihn übertragen, aber mit mehr Verständnis für seine Schwächen. Er war ja auch nur Enkel und nicht ihr Mann. Martha Guthmann putzte das Grab und erzählte dabei von Bastians Wochenendfahrt und dass sie näch­sten Monat Telefon kriegen würde. Susi Schulz wollte sich an den Kosten beteiligen. Bei Susi Schulz fiel ihr das Mittagessen ein.

Sie verstaute Harke und Gießkanne hinter dem Grabstein, versprach, in Anbetracht der großen Trocken­heit, morgen wiederzukommen, und fuhr heim.

Susi sah Großmutter mit ihrem feuchten Rehblick entgegen.

"Er ist also wirklich gefahren?"

"Ja. Ist er", sagte Großmutter und setzte ihren Hut ab.

"Glauben Sie, dass er sie heiraten wird?"

"Er sagt nein. Aber darauf kommt's sowieso nicht an. Bastian ist der Typ, der von sich aus heiratet. Bastian wird geheiratet. Und wenn die Freude will —? Aber ich glaub's nicht. In Liebesangelegenheiten denken die meis­ten Frauen vernünftiger als Männer - außer Ihnen, Kindchen, warum heulen Sie denn nun wieder? Haben Sie wenigstens die Kartoffeln aufgesetzt?"

Wie sollte Susi an Kartoffeln denken, wenn Bastian zur Freude fuhr?

Martha Guthmann war ärgerlich. Kein Sinn für Realität in diesem Mädchen, bloß Gefühle. Und die immer am falschen Objekt.

Dann tat ihr die Susi wieder Leid.

"Ich hätt's ja auch lieber gesehen, wenn er und Sie … Aber was sollen wir machen? Mit Gewalt ist kein Bulle zu melken."

Bastian warf seinen Koffer ins Netz und wandte sich' Platz nehmend, an den einzigen Mitreisenden in diesem Abteil.

"Verzeihung, ist hier Raucher?"

Der Mann legte seine Zeitung nieder, nahm die Pfeife aus dem Mund. "Nein. Wieso?"

"Dann ist es ja gut", sagte Bastian und holte seine Zigaretten vor.

Der Mann sah sehr englisch aus oder sehr österrei­chisch, was bei einem gewissen Schnurrbarttyp aufs selbe herauskommt. Nach einer Weile faltete er die Zeitung zusammen, klopfte seine Pfeife aus und ging hin­ter der Fenstergardine schlafen.

Das war der Moment, wo Bastian seinen Koffer herunterholte und die Papierschere herausnahm, um sich mit ihrer Hilfe die Nägel zu maniküren.

Danach basah er sich seine von Großmutter bean­standeten Socken. Sie waren nicht nur verfärbt, sie hat­ten auch ein Loch.

Bastian nahm seinen "Kulturbeutel" und ging mit ihm auf die nächst liegende Zugtoilette, wo er sich einschloss.

Zwischen Prien und Traunstein war er mit einer kniff­ligen Denkaufgabe beschäftigt, die nicht nur seine Intelligenz, sondern vor allem seine Füße lösen mussten.

Er hatte dieselben von ihren unvorteilhaften Socken befreit und dabei festgestellt, dass ihre Sohlen dringend einer Säuberung bedurften.

Aber wie? Wenn der eine Fuß oben im Sparbecken Wasser haben wollte, musste der andere Fuß unten auf einen Hebel treten. Mit dem linken Fuß auf dem linken Hebel und dem rechten im winzigen Lavoir ging das ja noch. Aber mit dem rechten Fuß auf dem linken Hebel und linken Fuß im Lavoir setzten die Schwierigkeiten ein.

Bastian fiel zweimal um, aber nicht hin, dazu war das Kabinett zu klein. Er lachte sehr, denn er hatte sich sein kindliches Gemüt bewahrt.

In Traunstein verließ er die Toilette, die nackten, nicht ganz trockenen Füße halb in den Schuhen, den Kulturbeutel" unterm Arm. Ein hübsches Mädchen, das nach ihm das unter Wasser stehende WC betrat, fand seine Socken auf dem Deckel und trug sie ihm nach, was ihm sehr peinlich war. Sobald der Zug den Bahnsteig verlassen hatte, zog Bastian das Abteilfenster herunter und warf sie in die oberbayrische Landschaft. Der Pfeife rauchende Anglo-Österreicher sah dabei zu. „Warum?" "Sie gefallen meiner Großmutter, nicht." "Ah so."

Der Mann verstand ohne Wundern. Das gefiel Bastian an ihm.

Wie die meisten Gartenbesitzer scherte Dr. Freude seine Rasenfläche mittags zwischen eins und drei. Diese weitverbreitete Unsitte lässt darauf schließen, dass Motormäher während der Mittagsruhe anderer Leute besonders erfolgreich zu handhaben sind.

Frau Freude in ihrem Liegestuhl hörte sich eine Weile diese Belästigung mit an, gab es auf, zu schlafen, dachte kurzfristig sogar an Sabotage und verwarf diesen Plan wieder bei der Vorstellung, wie lange es dauern würde, bis ein Handwerker kam, um das Sabotierte zu reparieren.

Sie stand auf, ging um die Hausecke und legte, sobald sie ins Blickfeld ihres Mannes geriet, vier Fingerspitzen leidend an die Schläfen.

Er rief ihr etwas zu, was sie mit einem Achselzucken beantwortete. Er brüllte. Sie zuckte bedauernd. Da stellte er endlich den Motormäher ab. Was für ein unbeschreiblicher Genuss für die gesamte Umgebung.

"Ich hab' dich leider nicht verstanden, Dietmar", sagte Frau Freude. "Was hast du gebrüllt?"

"Der Mann, den Kathi mitbringt — was ist das für einer?"

"Ich weiß nur, dass er Guthmann heißt." "Guthmann, Guthmann..." Herr Freude kramte in seinem Gedächtnis. "Aus München, sagst du?"

"Ja, Dietmar, und ich möchte dich herzlich bitten betrink dich nicht. Und vor allem, politisier nicht mit ihm. Ich denke noch immer mit Schrecken an diesen jungen Mtenschen, den unsere Angelika das letzte Mal mitge­bracht hat. Was habt ihr euch gestritten!"

"Das war nicht meine Schuld. Er hat angefangen", verteidigte sich Herr Freude.

"Trotzdem. Du warst der Ältere." "Und deswegen soll ich den Mund halten, wenn hier einer herkommt und mich als Kapitalist und Ausbeuter beschimpft, bloß weil ich von meinem Vater fünf Tagwerk Bauland geerbt habe? Rosi, du bist mein Zeuge. Du weißt, wie oft ich das Land teuer an Baulöwen hätt' verkaufen können. Aber ich hab's nicht verkauft, um unsere Gegend vor zum Himmel stinkenden, kahlschädeligen Luxuskasernen zu bewahren. Ich wollte den Charakter der Landschaft erhalten!"

"Ja doch, Dietmar, das weiß ich alles!"

"Ich könnte heute vielfacher Millionär sein. Du selbst hast mir zugeredet, zu verkaufen. Gib's zu! Du denkst viel kapitalistischer als ich. Du ja. Von uns beiden war ich immer der Linke. Aber ich bin gegen jeden Radikalismus — egal, ob von rechts oder von links. Und das hab' ich Angelikas Freund auch gesagt. Das war mein gutes Recht. Oder?"

"Natürlich, Dietmar." Frau Freude zog sich eilends ins Haus zurück, vom Zuhören erschöpft.

Wenig später, als sie in der Küche den Mixer aus seinem Fach nahm, um Schnee zu schlagen, dröhnte ihr Mann herein.

"Rosi! Jetzt weiß ich, wer der Guthmann ist."

"Guthmann?" fragte sie zerstreut.

'Wir haben ihn bei den Kieslers auf der Jagd kennen gelernt."

'Welcher Jagd, Liebchen?"

"Auerhahn."

Frau Freude überlegte und lächelte. "Ach so, der nette junge Mann. Und du glaubst, den holt unsere Kathi jetzt ab? Na, das war' doch ganz, ganz reizend, Dietmar!"

"Sag ich ja", brummte er und ging durch die Küchentür über den kleinen Wirtschaftshof um die Hausecke in den Ziergarten zurück, wo seine Mähmaschine auf ihn wartete. Und sie weckte alle Mittagsruhebedürftigen, die inzwischen eingeschlafen waren, mit ihren süßen Tönen wieder auf.

*Zuerst war es mal wunderschön, Katharina auf dem Bahnsteig zu sehen und in die Arme zu nehmen.

Katharina ohne Krankenhaus im Nacken. Ohne Berg vor Augen. Eine ausgeschlafene, blanke Katharina voll spröder Zärtlichkeit.

"Na du?"

"Na endlich du!"

Der Zug fuhr weiter.

Sie standen noch immer da und freuten sich über einander.

"Müssen wir wirklich zu dir nach Haus? Können wir nicht türmen?" fragte er in ihre duftenden Haarwirbel hinein.

"Komm erst mal mit." Sie nahm ihn an die Hand und zog ihn aus dem Bahnhofsgebäude ein Stück die Straße hinunter, dahin, wo ihr offener Wagen parkte.

An seinem Steuer saß ein Deutsch-Kurzhaar mit unbeschreiblich traurigem Gesicht, dessen Leidensaus­druck seine flinken, hellen Augen Lügen straften.

"Kennst du den?" fragte Bastian, als sie den Wagen errichten.

"Das ist Bruder Herrmann", sagte Katharina. "Er setzt sich immer ans Steuer, wenn man ihn im Auto allein lässt. Hermann, hopp, nach hinten. Er ist ein Jagdhund, der sich vorzüglich zum Wildern eignet, zu sonst gar nichts — als Jagdhund. Mein Vater hat ihn trotzdem behalten, wahrscheinlich aus demselben Grund wie seine drei Töchter, die als Söhne geplant waren. Er gewöhnt sich so leicht an das, was er kriegt, und dann mag er's nicht mehr hergeben."

Sie bat Hermann noch einmal in höflicher Form, auf dem Rücksitz Platz zu nehmen, was dieser nach der siebten Aufforderung umgehend befolgte, und sagte zu Bastian: "Steig ein."

Aber Bastian mochte nicht.

Weil Bruder Hermann seine leicht vergilbten Zähne entblößte und abschlägig knurrte.

"Er tut nichts", versicherte Katharina.

"Weiß Hermann das auch?"

Bastian hatte Erfahrung mit großen Hunden, seit der Zeit, wo er Aushilfsfahrer bei einer Getränkefirma gewe­sen war. Am meisten fürchtete er Schäferhunde. Das lag an ihren Besitzern. Die drückten auf den Summer, man trat ahnungslos in den Garten, von irgendeiner Seite schoss eine Bestie auf einen zu. Vom Haus her rief jemand beruhigend: "Kommen Sie ruhig herein. Der tut nichts!" — und überließ einen danach seinem Schicksal. Machte man einen Schritt, fuhr einem die Bestie in die Hosen. Hob man die Hand, weil es einen unwiderstehlich an der Nase juckte, fuhr einem die Bestie an dem Arm. Also stand man da wie ein hypnotisiertes Kaninchen oder wie Frau Lot, die biblische Salzsäule, jeden Augenblick damit rechnend, zerrissen zu werden. Wenn man Glück hatte, wurde einer im Hause — durch das anhaltende mordlustige Gebell gestört — auf seine Zwangslage aufmerksam und brachte die Bestie mit dem Ruf "Bonanza, kusch, der Onkel darf..." zur Räson. Falls die Bestie parierte.

Und Bruder Hermann auf. dem Rücksitz, Bastian direkt in den Nacken hechelnd.

Er saß so starr da wie seine Vorfahren beim Kreisstadtfotografen.

Hermann im Nacken und Katharinas Eltern vor sich — hatte er das nötig gehabt?*

Das Haus war zweistöckig, steil mit altmodischen Balkonen auf Eisenstelzen, an denen sich wilder Wein hochrankte bis unters Dach. Sein Laub verdunkelte die Zimmer und versorgte sie mit Ungeziefer, vor allem Spinnen. Aber das hatte Katharina dem Bastian wohlweislich verschwiegen.

Frau Freude empfing ihn in der Haustür, ganz liebenswürdige Gastgeberin. Man merkte ihr die Enttäu­schung nicht an, die sie bei seinem Erscheinen empfand.

"Kommen Sie herein, Herr Guthmann, ich bin Kathis Mutter, guten Tag. Hatten Sie eine.

War der Zug pünktlich? Ja? Kathi, du zeigst Herrn Guthmann am besten gleich sein Zimmer."

Bastian wollte auf ihre Fragen antworten, aber waren sie nicht gestellt worden. Sie gehörten einfach Begrüßungsblabla. "Sie wollen sich doch sicher frisch machen, nicht wahr? Mich entschuldigen Sie bitte, wir ­sehen uns ja beim Kaffee!"

Und damit enteilte Frau Freude heiter lächelnd auf der Suche nach ihrem Mann, um ihm ihre Enttäuschung mitzuteilen: "Dietmar! Es ist nicht der nette junge Mann, den wir erwartet haben!"

Katharina, Bastian und sein großer, fast leerer Koffer stiegen die Treppe zum ersten Stock hinauf.

"Ich muss mich nicht frisch machen", sagte er. "Ich hab' mich schon im Zug frisch gemacht. Sogar die Füße."

Die Fenster des Gästezimmers standen offen. Von den Wiesen zog der Duft frisch gemähten Heus herauf. Die Spinnen sah man tagsüber nicht. Ein liebenswert altmodi­sches Zimmer war das, mit Messingbett und Häkeldecke und Waschtisch mit Marmorplatte und einem Paravent. In der Mitte stand ein Tisch mit einem Feldblumenstrauß, den Kathinka heute früh gepflückt hatte.

"Gefällt's dir?"

Bastian stellte seinen Koffer ab und schloss Kathinka in weitausholende Arme.

Während er sie küsste, wanderte sein Blick zur unver­schlossenen Zimmertür. Er dachte, wie schön, wenn das hier eine Frühstückspension wäre und nicht ihr respek­tables Elternhaus.

Später zeigte ihm.Katharina den Garten. "Das sind die Reste von unserer Schaukel... der Goldfischteich … die Fliederhecke... Bruder Hermanns Zwinger..."

"Und das ist vermutlich euer Gartenschlauch."

"Vermutlich." Sie hakte sich bei ihm ein. "Nun find's doch 'n bisschen schön bei uns."

Unter einem Lindenbaum wurde der Kaffee getrun­ken mit Zucker, frisch geschlagenem Rahm und Lindenblüten.

Ameisen eilten über das Kreuzstichmuster des Tisch­tuches zum ofenheißen Kirschstrudel und verbrannten sich daran genauso das Maul wie Bastian.

"Noch ein Stück Strudel, Herr Guthmann?"

"Nein, danke — war sagenhaft. Aber ich platz' gleich", versicherte er.

"Sagen Sie", begann Herr Freude, "wir haben mal auf der Jagd einen Namensvetter von Ihnen kennen gelernt — auch aus München — Anfang, Mitte dreißig — etwa Ihre Größe..."

"Aber sonst wenig Ähnlichkeit, Dietmar!"

"Wenig Ähnlichkeit mit mir? Und Jäger sagen Sie?" Bastian lachte. "Das könnte Klappzahn sein."

"Klappzahn?" fragte Frau Freude irritiert.

Bastian ließ seine Zähne geräuschvoll aufeinander klappen.

"Mein Bruder Karl macht diesen, verstehen Sie?"

Frau Freude schaute ihren Mann an. Herr Freude lachte. "Nein, diesen hat unser Guthmann nicht gemacht."

"Bastians Bruder hat ein zahntechnisches Labor", erklärte Kathinka.

"Stahl- und Goldmetallgusstechnik. Verblendtech­nik. Geschiebe- und Gelenkarbeiten. Keramik- und Acrylbrücken. Mein Bruder ist ein vielseitiger Zahnher­steller."

"Aha — wie lustig", sagte Frau Freude mit spinösem Lächeln.

Herr Freude war der bedeutend Nettere von beiden, fand Bastian. Ein rundlicher, handfester Typ mit rand­loser Brille und ausgeprägter Lachbereitschaft in den Wangen. Einer von diesen unendlich geduldigen, gutarti­gen Ehemännern, denen es gelingt, mit einer leicht verzückten, von Kindheit an verwöhnten, engstirnigen Frau auch nach fünfunddreißig Jahren noch eine verhältnis­mäßig glückliche Ehe zu führen.

"Haben Sie auch was mit Medizin zu tun?" fragte Freude beim Kaffeenachschenken.

"Ich werde Lehrer." "Ach — Sie werden noch?" "Falls ich mein Examen bestehen sollte." Frau Freude hatte einen Augenblick mit seiner Antwort zu tun.

"Studienrat?" fragte sie dann.

"Grundschullehrer", sagte Bastian.

"Ja — liegt Ihnen denn der Beruf?"

"Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Auf alle Fälle liegen mir die vielen Ferien."

Frau Freude lehnte sich zurück, das Interview war beendet.

Sie schaute mit großen, besorgten Augen ihren Mann an. Der lachte.

Sie fuhren Rad. Bastian freihändig auf einem sehr alten, schutzblechklappernden Damenrad mit Bruder Hermann an der Leine. Er machte Kunststücke.

"Pass auf, du knallst noch auf die Nase!" warnte Katharina. "Lass bloß Bruder Hermann einen Hasen sehen, dann liegst du lang."

"Ich steh ja unter ärztlicher Aufsicht. Zweifacher sogar. Was repariert eigentlich dein Vater?"

"Augen."

"Da möcht' ich lieber nichts dran haben", sagte er und fuhr nun nicht mehr freihändig.

Am Waldrand gab es eine winzige alte Wirtschaft, die von zwei ebenso alten Fräulein betrieben wurde.

Vor dem Häuschen standen drei Tische mit Holzbänken und dann noch einmal zwei unter einem Baum. Dort saßen Katharina und Bastian wie ein Liebespaar, sofern sie nicht nach Mücken klatschen mussten.

"Wir sollten viel öfter fortfahren, du." Er spielte mit ihrem Haar und kraulte ihren Nacken.

Kathinka hielt genussvoll still.

"Auf Reisen bist du viel netter."

"Wie netter?"

"Weiblicher. Nicht so furchtbar tüchtig und pflicht­bewusst. Trinken wir noch eins?"

"Ist ja schon halb sieben." Kathinka schlug eine Mücke von seinem Handrücken.

"Und wenn wir Bruder Hermann nach Haus schi­cken mit 'nem schönen Gruß, wir kämen später?"

"Hermann geht wildern, wenn wir ihn auslassen. Und wenn Bruder Hermann wildert, kriegt er großen Ärger mit dem Jagdpächter, und das wollen wir doch nicht."

"Kennst du den Jagdpächter?"

"Ja."

"Kennt der Jagdpächter unseren Bruder Hermann?"

"Ziemlich. Hermann ist der Hund vom Jagdpächter."

Bastian überlegte einen Augenblick. "Aber dein Vater macht doch einen ganz toleranten Eindruck."

"Nicht als Jagdpächter."

Bastian seufzte. "Also zahlen wir. 3 Halbe, 35 Mücken und ein kurzes Idyll mit Kathinka..." Er steckte sein Geld wieder ein. "Das ist gar nicht zu bezahlen."

Sie fuhren Hand in Hand zurück, verunglückten beinah, stiegen ab und küssten sich vor frisch gemähten Wiesen. Bastian sagte, er hätte noch nie im Heu.

"Und was machen wir mit Bruder Hermann? Und wenn die Mücken von der Wirtschaft nachkommen?"

"Immer fallen dir Bedenken ein. Du willst mich nicht mehr."

Sie legte die Arme um seinen Hals. "Ich hab' dich lieb."

Aufgaben zum 15. Kapitel:

  1. Vorlesen und übersetzen von “Zwersr war es mal wunderschön … “ bis “ … hatte er das nötig gehabt?“.
  2. Fragen.
  3. Wortschatz:

· Abschied nehmen

· vermissen

· die Klappe halten

· der Friedhof

· j-n verwöhnen

· verübeln

· die Witwe

· das Unkraut

· die Harke

· die Pfeife

· der Schnurrbart

· die Zeitung zusammenfalten

· die Nägel maniküren

· die Sohle, -n

· spröde

· die Zähne entblöβen

· hecheln

· j-m verschweigen

· j-m etw. anmerken

· das Heu

· der Schäferhund

· der Deutsch-Kurzhaar

 

  1. Was hätte Katharina über ihre Eltern und Schwestern erzählen könnte?
  2. Schreiben Sie einen inneren Monolog von Katharinas Mutter.
  3. Wie stellen Sie sich eine typische Groβmutter vor? Ist Martha Guthmann eine typische Groβmutter? Vergleichen Sie Ihre Groβmutter mit Martha Guthmann.
  4. Erzählen Sie über die Ereignisse im Namen von Bastian.
  5. Finden Sie die Sätze im Konjunktiv und übersetzen Sie die ins Russische. (все)
  6. Finden Sie Synonyme zu folgenden Wörtern: (все)

· sich verabschieden

· teilnehmen

· bekommen

· weinen

· sich wehren, schützen

· weglaufen

  1. Übersetzen Sie ins Deutsche: (все)

Ø Если бы Бастиан был постарше и не такой легкомысленный!

Ø «Если бы я смогла выйти за него замуж, то тогда у Катинки был бы отец», - думала Зузи.

Ø Если бы она тогда не была такой навязчивой, то мы бы были вместе.

Ø Я бы охотно остался дома, вместо того чтобы знакомиться с её родителями.

Ø Бастиан чуть было не опоздал на поезд.

Ø В прошлые каникулы ему бы следовало усердно готовиться к экзменам.

Ø Он чуть было не провалился на экзамене.

Ø Пребывание в доме её родителей могло бы быть и поинтереснее!

Ø Если бы мы могли отправить пса домой!

Ø Если твои родители ничего не имеют против, то мы могли бы покататься на велосипедах.

Ø Мог бы ты заткнуться?

  1. Kreuzworträtsel.


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Дата создания страницы: 2022-12-31 Нарушение авторских прав и Нарушение персональных данных


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