Streckformen des Verbs( analytische Verbalverbindungen)




Sie können funktional stilistisch markiert sein: zum Versandbringen, in Rechnung stellen, (Handelsverkehr);sie können sich durch stilistische Gehobenheit vom einfachen Verb unterscheiden: ein Geständnis, einen Schwur ablegen – gegenüber gestehen, schwören.

 

 

Lexische Einheiten

 

Die substantivischen und verbalen Fügungen (lexische Einheiten) werden hauptsächlich in der Sachprosa sowie in Presse/ Publizistik verwendet. So heisst es z.B. in einem Interview mit einem Wissenschaftler, Fachmann auf dem Gebiet der Nierentransplantation:

 

Zum Beispiel:

Sobald die anfallenden Nieren eintreffen, wird der Patient, der bisher mit der künstlichen Niere leben musste, einer Transplantation zugeführt.

Zwar ist die eng spezialisierte Fügung eine anfallende Niere dem Laien nicht verständlich, dem Urologen gibt sie aber eine eindeutige, sprachökonomische Erkläerung: es handelt sich um eine für den konkreten Kranken geeignete Niere mit weitgehender Übereinstimmung der Gewebsgruppen. Daher stösst sie der Organismus nicht ab, im Gegenteil, er lässt sich von der fremden Niere anfallen (hier im positiven Sinn, während gemeinsprachlich unter diesem Verb ein feindliches Überfallen verstanden wird).Im zitierten Text für Fachleute kommt der nominativen Wortverbindung überzeugender Nachdruck und sogar Anschaulichkeit zu (Modell der aktuellen Stilfärbung: Stil der Wissenschaft – neutral- neutral).

Sobald sich die funktional begrenzte Bedeutung einer substantivischen oder verbalen Wortverbindung erweitert und in alle kommunikativen Bereiche des Gesellschaftsverkehr eindringt, geht die partielle Stilfährbung meist zur allseitig neutralen Markierung über.Dies betrifft z.B. die stilitischen Modelle folgender Wendungen:

 

weisse Flotte – Fahrgastschiffe für Ausflugsverkehr

Freie und Hansestadt Hamburg – allgemeingebräuchliche Bezeichnung für Hamburg als Land der BRD

Rechenschaft (von jmdm.) fordern – ursprünglisch terminologisch nur im Amtsbereich, heute neutrall in allen kommunikativen Teilgebiten des Sprachverkehrs.

Das sind die Meinungen von Stepanova und Chernischowa, aber es gibt noch viele Stilisten, die verschiedene linguistischen Untersuchungen und wissenschaftliche Abhandlungen darlegen.

Laut der Meinung von Wimmer und Rainer, sind die Phraseologismen Einheiten, die aus mehr als einem Wort bestehen und in dieser Form(evtl. einer Variante davon) lexikalisiert sind. Phraseologismen im weiteren Sinn sind durch

Polylexikalität und Festigkeit charakterisiert.

 

jmdm. einen Auftrag erteilen

die Zähne putzen

 

Die Festigkeit ist eine Manifestation der Gebräuchlichkeit einer bestimmten Wortverbindung. Sie kann zusätzlich auf die Bindung an eine typische Gebrauchssituation zurückgehen, die pragmatische Festigkeit bzw. Routineformeln erzeugt.

 

nicht wahr

alles Gute zum Geburtstag

Phraseologismen im engeren Sinn sind zusätzlich durch Idiomatizität bestimmt, dadurch also, dass die Komponenten eine durch die syntaktischen und semantischen Regularitäten der

Verknüpfung nicht voll erklärbare Einheit bilden

 

jmdm. einen Korb geben im Sinne von jmdn. Abweisen

 

Die so durch syntaktische oder semantische Irregularität entstehende Festigkeit ist eine strukturelle Festigkeit.

 

Hals über Kopf weglaufen

 

In semantischer Hinsicht können Phraseologismen von den Bedeutungen der Komponenten her motiviert und

damit (u.U.) leichter verstehbar oder nicht-motiviert bzw. besonders idiomatisch sein. Eine bedeutende Art der Motivation ist die metaphorische Motivation. Aus den Besonderheiten der Struktur als lexikalische Einheiten ergeben sich besondere Möglichkeiten des Gebrauchs und des Verstehens und besondere Möglichkeiten der phraseologischen Sprachbewusstseins: So kann neben dem eindimensionalen Gebrauchen und Verstehen der phraseologischen Bedeutung zusätzlich die Bedeutung der freien Wortverbindung aktualisiert werden, sodass zwei Bedeutungen involviert sind. Besonders charakteristisch sind solche Verwendungsweisen für Wortspiele,

in der Werbung oder in literarischen Texten, beispielsweise im folgenden (politisch nicht korrekten) ”Witz”:

 

A: Meine Frau kann die Berge nicht leiden.

B: Wieso?

A: Weil das Echo das letzte Wort hat.

1.2. STRECKFORMEN

Die Streckformen bilden eine eigenartige Untergruppe der vorwiegend nominatiwen Wortverbindungen, bestehens aus einem Verbalabstraktum und einem Funktionsverb (*1), wie etwa:

 

zur Verlesung bringen - verlesen

Sie können funktional stilistisch markiert sein:

 

zum Versandbringen,

in Rechnung stellen, (Handelsverkehr);

Sie können sich durch stilistische Gehobenheit vom einfachen Verb unterscheiden:

ein Geständnis, einen Schwur ablegen – gegenüber gestehen,

schwören

Die Bezeichnung Funktionsverb geht darauf zurück, dass ein anderes, meist ausdrucksschwaches Verb die syntaktische Funktion des Grundverbs übernehmen muss, da dieses selbst zum sinntragenden Abstraktum substantiviert wird. Gerade an diesem Typ lässt sich ein Wandel der sprachlichen Normen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachweisen. Wenn noch bis in die letzten Jahrzehnte die substantivisch-verbalen Wortverbindungen der Streckformen als Papierdeutsch verpönt waren, so wurde mit allmählichen, aber unleugbaren Vordringen des Nominalstils (*2) auch die Einschätzung dieser analytischen Verbalfügung geändert.

 

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(*1) Polenz

(*2) Nominalstil, S.113/117

Zumindest wurde ihre summarische Verurteilung als schwerfälliges, ja schlechtes deutsch seltener, und man begann, die kommunikativen und stilistischen Vorzüge der Konstruktion zu untersuchen.

Gewiss dürfen Übertreibungen nicht gebilligt werden, doch muss jeder Deutschinteressierte die so lange unbeachteten kommunikativen und stistischen Werte der Streckformen verstehen lernen.

Vor allem muss man feststellen, dass die analytische Verbalverbindung durchaus nicht immer gemeinsprachliches Synonym des Grundverbs ist.

Denn einmal kann sie auf sprachökonomische Weise die Information bereichern, indem sie die Aussage inhaltlich praezisiert, zum andern vermag auch den funktionalen Stilbereich und das berufliche Kolorit zu untermalen. Dem einfachen Verb beweisen kann unmöglich derselbe Grad von semantischer und stilistischer Klarheit eigen sein, den man bei den juristischen Termini einen (überzeugenden, unwiderlegbaren) Beweis antreten, liefern, wahrnimmt. Wer einen Beweis antritt, ist noch sicher, ob er ihn auch wirklich beibringen kann.

Wenn etwas unter Beweis gestellt wurde, bedeutet dies- trozt Bericht in der Ebene der Vergangenheut- noch lange nicht, dass das Ergebnis positiv ausfiel.

Die Wörterbuecher geben in diesen und ähnlichen Fällen meist den Hinweis auf den spezifischen Kommunikationsbereich (also in den vorangehenden Beispielen Jur.) und anschlissend oft: sonst papierdeutsch

- eine stilistische Kennzeichnung, gegen die man Einwand erheben möchte. Es kommt nicht nur auf die funktionale Sphäre des Gesellschaftsvehrkehrs an, sondern vor allem auf die Bedeutunsnuance in der jeweiligen Sprechsituation.

Zweifellos ist der einfache Satz Ich danke Ihnen vielmals schlichter als die gehobenen und feierlichen Worte: Ich möchte Ihnen meinen (aufrichtigsten, herzlichsten, innigsten,wärmsten) Dank ausdrücken.

 

 

Aber desshalb ist er doch nicht absolut „besser“, wie es in manchen Wörterbüchern heisst. Von der Veranlassung des Danksagens, von den näheren Umständen, unter denen der Dank ausgesprochen wird, hängt es ab, welche Aussageform motiviert ist, die einfache oder die komplizierte. Verallgemeinerungen paradigmatischer Art sind hier nicht am Platz.

Unverkennbar ist der Stilwert des Satzrhythmus, den der Streckform-Gebrauch mit sich bringt.Bekanntlich steht das finite Verb im Deutschen an der am schwächsten betonnten Stelle des Aussagesatzes.

Bei der substantiwisch-verbalen Wortverbindung, die seinerzeit zu Unrecht von E.Engel(*1) mit dem Schlagwort „ Aus Eins nach drei!“ verspotet wurde (d.h. aus einem Wort mach drei Worte!), kommt der eigentlich Sinntraeger der analytischen Gruppe, das substantivierte Verb, ans Saztende und damit an den rhytmischen Schwerpunkt.

Die rhytmische Wirkung der Streckform kommt auch im Frage und Ausrufesatz zur vollen Geltung. So lässt W.Borchert in senem Hörspiel „Draussen vor der Tuer“ den Heimkehrer klagen:

 

 

 

Wo ist denn der alte Mann, der sich Gott nennt?

Warum redet er denn nicht?

Gebt doch Antwort!

Warum schweigt ihr denn? Warum?

Gibt denn keiner eine Antwort? Gibt keiner Antwort?

Gibt denn keiner, keiner Antwort?

 

 

 

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(*1) V.Schmidt

Das waren die Untersuchungen von E.Riesel und E.Schendels und ich moechte auch die Meinung von Wolfgang Fleischer zu diesem Thema darlegen.

Laut der Meinung von Fleischer sind die Streckformen

die sogenannten „ einfachen phraseologischen Wendungen “.

 

unter Beweis stellen

in Anrechnung bringen

zur Entscheidung gelangen

 

Ein Glied der Wendung, meist das Zeitwort, ist abgeblasst oder teilweise umgedeutet. Die Gesamtbildung ist jedoch aus den Einzelteilen zu begründen; in vielen Fällen ist sie nur die erweiterte Umschreibung des Zeitwortes. Die Wörter können in sehr begrenztem Masse gegen bedeutungsnahe ausgetauscht werden.(*1)Die Wendungen werden auch als Streckformen (*2) bezeichnet, da neben ihnen mehr oder weniger synonym oft ein einfaches Verb steht, als dessen ‘gestreckte’, erweiterte Form die Wendung aufgefast wird:

 

verkaufen - zum Verkauf bringen

kämpfen- einen Kampf führen

Die in diesen Wendungen gebrauchten Verben bezeichnet man bisweilen als Funktionsverben(*3), da die wesentlichen Abbildelemente der ganzen Konstruktion sich auf das Substantiv verlagert haben und die Verben nur die „Funktion“ haben, syntaktisch-morphologische Merkmale zu tragen (Tempus, Modus, Prädikatsbeziehung); daher auch die Bezeichnung Funktionsverbgefüge für diese Wendungen. (*4).

 

(*1) Wörter und Wendungen

(*2) V.Schmidt; Die Streckformen des deutschen Verbums

(*3) P.Polenz; Funktionsverben in heutigen Deutsch

(*4) P.Polenz; Funktionsverben

 

Die Wendungen sind im Unterschied zu der weiter oben erwähnten Gruppe der phraseologischen Einheiten und Idiome nicht grundsäzlich expressiv. Nicht selten vermögen sie eine Lücke im Arsenal unserer sprachlichen Ausdrucksmittel zu schliessen, weil es ein entsprechendes Einzelwort überhaupt nicht so gibt.

 

in Übereinstimmung bringen

zur Explosion bringen

ein Gesetz verabschieden

zur Verfügung stehen

zur Geltung kommen

Auch dort, wo ein entsprechendes Einzelwort vorhanden ist, gibt es meist semantische und andere Unterschiede zwischen beiden lexikalischen Einheiten. Man haelt deshalb die gelegentlich immer noch geäusserte Ansicht, solchen Wendungen gegenüber sei „ Zurückhaltung am Platze“ und „ das überflüssig Gedehnte“ sei „mangelhaft“, für nicht treffend. Da die Wendungen eine Bereicherung unserer Ausdrucksmittel darstelle, sind sie grundsätzlich positiv zu bewehrten. Ausdrucksmängel sind hier nicht häufiger als beim Gebrauch anderer Synonyme und sonstiger sprachlicher Mittel.

 

Nach der Meinungen von Stilisten nennt man phraseologische Wortfügungen feste Wortverbindungen,, bei denen die stilistischen Kategorien Bildkraft, Emotionalität, und damit auch Eindringlichkeit und Überzeugungskraft, in den Vordergrund rücken.

Laut des Lehrbuches «Deutsche Stilistik» von E.Schendels und E. Riesel kann man drei Gruppen dieser phraseologischen Wortfuegungen auszeichnen.

 

1) Es entsteht vielmehr eine semantisch neue Qualität,sozusagen eine chemische Verbindung (*1), deren Bestandteile ineinander verschmolzen sind.

 

 

Hierher zählen wir:

a) die mannigfachen Arten der Idiome und

b) die Zwillingsformeln

Es handelt sich um phraseologische Fügungen, die einen Einzelbegriff ausdrücken; diese erste Untergruppe bildet den Kern der expressiven Phraseologie. ’

Der Name geht darauf zurück, dass hier unter den drei Möglichkeiten der Stilfärbung die expressive Komponente dominiert. Insbesondere den Idiomen eignen alle möglichen Ausdrucksnuancen (scherzhaft, spöttisch, satirisch, abwertend, feierlich, vertraulich u.a.m.), auf jeden Fall ist die Expressivität deutlich spürbar.

 

 

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(*1) V.Schmidt

 

Stark ausgeprägt ist auch die normativ-stilistische Komponente dieser Wendungen - vom Normalsprachlichen zum leicht und stark Gesenkten einerseits, zum Gehobenen und Gespreizten anderseits.

2) Die zweite Untergruppe, zwischen Wort-und Satzäquivalent stehend, bilden die stehenden Vergleiche. Sie sind im wörtlichen Sinn oder hyberbolisch überspitzt zu verstehen.

3). Die dritte Untergruppe der Phraseologismen bilden die Fügungen, die einen geschlossenen Gedanken in Satzform mitteilen. Hierher zählen wir: Sprichwörter, Aphorismen, Sentenzen, Losungen. Der Gesamtsinn dieser Satzphraseologismen erwächst aus der Summe der einzelnen Lexeme in direkter oder übertragener (oft symbolischer) Bedeutung.

 

2.IDIOME

Idiome sind Redewendungen, dessen feste (oft metaphorische) Bedeutung von ihren einzelnen Teilen nicht abgeleitet werden kann. Idiome benutzen oft spezielles lexikalisches Material, das nicht zu dem gebräuchlichen Wortschatz der Sprache gehört.

Leicht verständlich sind die substantivischen und verbalen festen Wortfügungen,die dank der übertragenen Bedeutung nichtexpressiver Redewendungen unmittelbar erfasst werden können (nach E. Riesel und E. Schendels): So z.B. die Wendungen mit Abstand (d.h. bei weitem) der beste;

 

jmdm. den Star stechen

(Star – Augenkrankheit; den Star stehen: 1.den Star

operieren; 2. jmdm die Augen öffnen)

 

Die Hauptmasse der Idiome besitzt umgangssprachliche Stilfärbung, in der Richtung zum Saloppen hin. Ziemlich gross ist die Zahl der groben Idiome. Auch hier bereitet die Abgrenzung zwischen den einzelnen Punkten der Stilfärbungsskala grosse Schwierigkeiten. Der eine hält Redewendungen wie:

 

Was ist dir schon wieder über die Leber gelaufen?

für literarisch-umgangssprachlich, der andere für salopp, ein dritter hält sie sogar für derb. Es ist aber durchaus nicht ausgeschlossen, dass ein vierter sie in der litetarischen Schriftsprache zulässt.

 

Bemerkenswert, dass Idiome auch als Lehnübersetzungen aus Fremdsprachen übernommen werden können. So ist gerade in letzter Zeit häufig eine Wendung anzutreffen, die aus dem Englischen stammt: rund um die Uhr (schlafen, arbeiten) - d.h. 12 bzw.24 Stunden. Nach Küper soll dieser Ausdrück schon im 19. Jahrhundert ins Deutsche gedrungen sein.

 

Wie dem auch sei, wird heute dieser Phraseologismus in der Bedeutung “ Tag und Nacht, ununterbrochen“ in der Presse und Publizistik sowie in der Sachprosa gern verwendet.Ein Beispiel dazu:

 

Das Kraft- und Schleusenwerk am Eisernen Tor, von Rumaenien und Jugoslawien gemeinsam erbaut, ermöglicht das Passieren der gefährlichen Strommenge rund um die Uhr.

 

Im Stil der Alltagsrede wird dieser expressive Ausdruck hyperbolisch gebraucht, so etwa in der Feststellung eines Studenten:

 

Vor der Prüfung sitze ich rund um die Uhr am Schreibtisch.

Wie aus den vorangehenden Ausführungen ersichtlich ist, besteht die stilistische Leistung der ideomatischen Phraseologismen hauptsächlich darin, das Gesagte bildkräftig, lebendig und emotional darzustellen, ihm Nachdruck und Nachprämsamkeit zu verleihen.

Einen weiteren wichtigen Ausdruckswert kann man in ihrer Eignung als Mittel von Humor, Spott und Satire sehen. Zahlreiche Idiome enthalten schon an sich ein komisches oder groteskes Bild, so z.B.

 

Ein Wink mit dem Zaunpfahl – eine deutliche

Aufforderung

 

und die zugehoerigen Variationen:

 

ein Wink mit dem Laternenpfahl

ein Wink mit dem Schneunentor

Bei manchen Wendungen reizt die sprachliche Form selbst zum Lachen, so z.B. bei norddeutschem Idiom:

 

am dransten sein – als nächster an der Reihe sein

Als Spielart der Idiome kann man die interjektionsartigen Ausrufe in elliptischer oder in Satzform auffassen(*1), insofern sie die Grundbedingung dieses phraseologischen Typs erfühlen – das Verschmelzen der einzelnen Wortverbindungsglieder zu einer Sinnein heit, zu einer semantischen Ganzheit. Ihre normative Stilfärbung: lit.-umg. ueber sallop zu grob. Einige Beispiele:

 

Gerechter Gott! Gerechter Himmel!

Ach du meine Guete!

Himmel noch einmal!

Himmel, Herrgott, Donnerwetter!

und eine ganze Menge landschaftlich unterschiedlicher „Bandwurmphraseologismen“, die vielleicht dazu dienen, durch die Länge der Ausrufe die Erregung abflauen zu lassen. Die derbe Wortgruppe Verflucht und zugenäht! ist sinngleich mit Verflixt (*2) und zugenäht! (bei beiden Idiomen ist der Grund der Nebeneinnanderstellung gerade dieser Partizipien unklar).

 

Als nächste Spielart sei noch eine Gruppe substantivischer Idiome genannt. Es sind die Wortfügungen des Typs Attribut+ Substantiv, bei denen entweder nur eine Komponente oder auch beide eine semantische Umdeutung mitgemacht haben:

 

 

 

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(*1) Moskalskaja, Über idiomatische Satzstruckturen

(*2) verhüllend fuer: verflucht

 

 

blinder Passagier – ein Passagier, der sich heimlich eingeschlichten hat und mitfährt- meist aufs Schiff oder ins Flugzeug

der schwarze Markt – illegaler Markt zu ueberpreisen

schwarzes Gold – Kohle

Aus stilistischer Sicht könnte man hierher noch eine Untergruppe fester Wortverbindungen hinzufügen, die allerdings nach streng strukturell-semantischer Klassifikation als nichtphraseologischer Typ bezeichnet wird. Es sind die nach dem grammatisch-stilistischen Modell geformten Wendungen des Typs Substantiv + Präposition + Substantiv, wie:

 

Ein Adonis von einem Jungling

eine Nussschale von einem Schiff

 

Diesen Wendungen liegen implizite Vergleiche zugrunde:

 

Ein Schiff, so klein wie eine Nussschale

Einige Stilforscher zählen diesen expressiven Typ unmittelbar zu den Metaphern. Für diese Anname könnten Beispiele angeführt werden, wie etwa die literarisch – umgangssprachliche Wendung:

 

Gedicht von einer Torte

Der Kaffe war gut,der Kuchen ein Gedicht!

Eine kleine Variation enthalten die Fügungen des Typs: das Ideal von einem Menschen, ein Vorbild von einem Studenten. Wenn bei den obengenannten Belegen beide Substantive konkret sind, so ist hier das erste Substantiv ein Abstraktum; dieses Model kann oft durch eine Genetivkonstruktion ersetzt werden: das Ideal eines Menschen. In beiden Variationen verschmelzen die zwei Komponenten der Wortgruppe zu einem Einzelbegriff (ein bildschöner Juengling, ein idealer Mensch)

Als Übergang zwischen Idiomen und Sprichwörtern kann man die sprichwörtlichen Redensarten ansehen, die meist (aber nicht immer) in prädikativer Aussageform eine unzerlegbare Sinneinheit ausdrücken. So etwa:

 

Das kann einen Hund jammern – erbarmenschswert

Von dem nimmt kein Hund ein Stück Brot mehr – jmd.wird

von alle verachtet

 

Abwertend klingt auch die Redensart:

 

Diese Milchmädchenrechnung geht nicht auf

Wobei das Kompositum einen Trugschluss, eine auf unsicherern Fakten aufgebaute Rechnung bezeichnet.

Im gleichen Sinn:

 

Eine Milchmädchenrechnung aufmachen – etwas Unsicheres oder Falsches als gültig darstellen

In der Presse kann man z.B. lesen, dass die Preispolitik der Grosshändler sich oft als Milchmädchenrechnung entpuppt, die den Werktätigen zum Schaden gereicht.

Zahlenmässig bedeutend geringer als die mannigfachen Idiome sind die Zwillingsformeln (Wortpaare) – vor allem die altueberlieferten. Sie drücken einen Begriff tautologisch aus

 

mit Muh und Not

zittern und zagen

 

oder durch zwei thematisch verwandte Lexeme

 

 

fix und fertig

bei Nacht und Nebel,

seltener in antonymische Komponenten zerlegt

 

Himmel und Hölle

Hier und dort

 

formal gebunden sind diese Wortpaare durch Alliteration

 

Gang und gäbe

Null und nichtig

durch Assonanz

 

kurz und gut

von echtem Schrot und Korn

 

oder durch Reim

 

 

mit Sack und Pack

auf Schritt und Tritt

Wie immer hängen die einzelnen Komponenten der Stilfärbung eng un einnander zusammen. Jmd. in Acht und Bann tun klingt etwas gewählt, weil diese Wendung aus der alten deutschen Rechtssprache kommt, daher auch ihr heute beschränkter Gebrauchswert. Das Ach und Weh, angst und bang sind vollständig schriftsprachlich. Dass sie trotzdem in einnigen funktionalen Stilen nicht angemessen sind, liegt nur an ihrer Expressivität. Es wäre gewiss nicht am Platz, in einem linguistischen Kommenter zu schreiben:

Die etymologische Bedeutung dieses Wortes lässt sich nur mit Mühe und Not feststellen.

Es muss heissen: …lässt sich nur schwer feststellen.

Als echt volkstümliches Nationalgut sind die Wortpaare in der Folklore zu Hause: im Märchen, in der Sage, im Rätzel, im Volkslied u.ä. Sie sind sofort zur Stelle, von sich um volkstuemliche Stilisierung handelt (vgl.In Goethes «Erlkoenig»):

 

Durch Nacht und Wind

Mit Kron und Schweif

Mit Muhe und Not

An den Zwillingsformen läst sich eine interessante phonostilistische Erscheinung nachweisen. Wenn das Wortpaar ungleich lange Wörter ethält, steht zuerst das kürzere, dann das längere:

 

Ross und Reiter

Nie und nimmer

Zwischen Tür und Angel

Lügen nach Strich und Faden

2.1. TYPEN VON IDIOMEN NACH IHRER SYNTAKTISCHEN STRUKTUR

 

Manche Idiome können wörtlich in die Zielsprache übersetzt werden.

 

z.B. das Kind mit dem Bade ausschütten

 

Andere Idiome werden übersetzt, indem man ``das gleiche Bild'', aber eine andere Struktur verwendet

z.B. ohne mit der Wimper zu zucken

Viele Idiome können nur mit ihrer literalen Bedeutung überetzt werden, (falls es in der Zielsprache kein entsprechendes Idiom gibt).

 

z.B.ein Wink mit dem Zaunpfahl

2.2. TYPEN VON IDIOMEN NACH IHRER ``KOMPOSITIONSFAEHIGKEIT''

 

Kompositionelle Idiome - ihre syntaktische Struktur ist modifizierbar (Adjektive können gesteigert werden usw...); ihre einzelnen Teile zeigen auf ``das Bild'' der literalen Bedeutung.

z.B. gute Karten haben (bessere Karten haben)

Halbkompositionelle Idiome - mindestens eine Komponente hat ihre ursprüngliche Bedeutung.

 

z.B. mit Argusaugen beobachten

 

Nichtkompositionelle Idiome - diese sind weder syntaktisch, noch lexikalisch erweiterbar, ohne daß sie ihre idiomatische Bedeutung verlieren.

z.B. Nägel mit Köpfen machen (*gute Nägel mit Köpfen produzieren)

 

Es sind insgeasmt 71000 Idiompaare in der Übersetzungsspeicher vorhanden. Diese sind nicht normalisiert und oft isoliert (Einträge ohne Kontext). Die automatische Übersetzung ist nicht möglich. Diese Art Lexikon ist nur zum manuellen Nachschlagen gedacht.

z.B. Hand und Fuß haben

Was er macht hat Hand und Fuß

 

2.3. DIE STEHENDEN VERGLEICHE

Die zweite Gruppe der expressiven Phraseologie (zwischen Wort- und Satzäquivalent) bilden die stehenden Vergleiche. Die meisten normalsprachlichen Vergleiche haben bis auf die Gegenwart ihre Bildkraft bewahrt:

Fleissig wie eine Biene (Ameise)

Schlank wie eine Gerte

Dünn wie ein Zwirnfaden

 

Ein grosser, vielleicht der grösste Teil der komparativen Phraseologismen ist lit.- umg. Über salopp bis grob gefärbt:



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