Stolzieren wie der Hahn auf dem Mist




Schreiben wie der Hahn auf dem Mist

Bedeutend seltener findet man in stehenden Vergleichen gewählte Stilfärbung:

 

Schön wie der junge Maientag

Zusammenbrechen wie ein Koloss aus tönernen Füssen

 

Zahlreiche stehende Vergleiche sind von vornherein auf Witz und Groteske aufgebaut, so z.B. die verschiedenen Variationen des phraseologischen Klischees klar wie Kristall:

Klar wie Klossbrüne

wie dicke Tinte

wie Schuhwichs wie Zwetschenbrühe

wie Mehlsuppe

wie Torf u.a.

Alle diese Wendungen bedeuten: „hell, rein, völlig durchsichtlich“. Tatsächlich entspricht nur die erste (literarische) Fassung dieser Bedeutung; alle anderen sind scherzhaft- ironisch gemeint. Denn Klossbrühne und Mehlsuppe sind milchig- trübe, dicke Tinte, Torf und Schuhwichs völlig undurchsichtig (bei „Schuhwichs“ wirkt vielleicht der Glanz als Vergleichsmoment).

Wie aus dem eben angeführten Beispiel ersichtlich ist, neigen die phraseologischen Vergleiche zu Variotionen im Ausdruck (teils ideographisch abgeschattet, teils territorial und zeitlich bedingt). In Umlauf sind z.B. folgende stehende Vergleiche als Zusatz zu dem Verbum lügen:

 

lügen wie ein Lügenmeister

lügen Wie eine Leichenrede

lügen Wie geschmiert

lügen Wie gedruckt

lügen Wie im Buch/ in der Zeitung

lügen Wie telegraphiert

lügen Wie Munchhausen

lügen Wie Goebbels

lügen Wie der Wetterdienst

 

 

 

 

 

2.4. SPRICHWÖRTER

Die dritte Gruppe der Phraseologismen bilden die Fügungen, die einen geschlossenen Gedanken in Satzform mitteilen. Hierher zählen wir: Sprichwörter, Aphorismen, Sentenzen, Losungen. Der Gesamtsinn dieser Satzphraseologismen erwächst aus der Summe der einzelnen Lexeme in direkter oder übertragener (oft symbolischer) Bedeutung.

Unter den Phraseologismen, die einen geschlossenen Gedanken in Satzform mitteilen, seien vor allem die Sprichwörter genannt. Sie sind altes Nationalgut – Volksweisheit, die mündlich überliefert ist. Eigentlich könnte man sie wegen ihrer geschlossenen Form als einfachstes Genre der Volksdichtung bezeichnet.Gleichzeitig können sie aber auch als Untergruppe der expressiven Phraseologie angesehen werden, da sie einen festen Bestandteil der emotionalen Rede bilden.

Dem Inhalt nach sind die Sprichwörter meist lehrhaft, mit begrifflicher Verallgemeinerung, symbolischer oder allegorischer Deutung. Ihre normative Stilfärbung ist normalsprachlich oder literarisch-umgangssprachlich:

 

Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.

Eine Hand wäscht die andere.

Schmeichler sind Katzen, die vorne lecken und hinten kratzen.

 

Sie können auch gesellschaftskritischen Charakter haben. Mit dem politischen Heranwachsen der Arbeiterklasse entstand das Sinnbild der geballten Faust und damit auch die sprichtwörtlich Redensart:

 

Fünf Finger sind eine Faust

Pr.Lewandowski studierte dieses Thema schon lange Zeit.Er interessierte sich fuer die Volkskultur, und zwar fuer die Sprichwoerter, Zitate, Loesungen. Er zog eine Parallele zwischen Sprichwoerter und Zitaten.

Laut der Meinung von Pr. Lewandowski kann man sagen, dass nicht jede vielbenutzte sprachliche Formel ein Sprichwort ist. Jedoch beschrieb Pr. Lewandowski Sprichwoerter als

 

"… feste Wortverbindungen, die aus vollstaendigen bzw. formal und inhaltlich abgeschlossenen Saetzen bestehen, die bestimmte Erfahrungen, Meinungen oder Anschauungen darstellen und durch sowohl unveraenderten als auch haeufigen Gebrauch Gemeingut einer Sprachgemeinschaft geworden sind..."

 

und grenzt sie damit zwar gegen Redewendungen ab, die im Gegensatz dazu nicht syntaktisch abgeschlossen sind, sondern in einen Satz eingeflochten werden muessen, jedoch ist mit dieser Definition das Problem verbunden, dass sie eine weitere Art oft verwendeter Sprachformeln nicht ausschliesst: das Zitat. Eine aussageaehnliche – wenn auch umfassendere – Definition findet sich im LEWANDOWSKI LEXIKON SPRACHE:

 

"Das Sptichwort ist eine feste Wendung (invariable Konstruktion) mit lehrhafter Tendenz, die sich als Lebensweisheit empfiehlt. Es gehoert zum festen lexikalischen Bestand einer Sprache und hat oft eine uebertragene(metaphorische) Bedeutung, die nicht identisch mit dem unmittelbar im Satz mitgeteilten Sachverhalt ist …"

 

 

Auf das Abgrenzungsproblem von Zitat und Sprichwort geht Lewandowski im Vorwort zu seinem Lexikon der Sprichwoertlichen Redensarten ein. Im Zusammenhang mit der Frage nach dem "Gebrauchsbeginn" einer sprichwoertlichen Redensart fuert er aus, dass treffende Formulierungen in den allgemeinen Sprachgebrauch uebernommen werden koennen, wobei

"Haeufigkeit und Anonymitaet ihres Auftretens" charakteristisch fuer die Verwendung als Sprichwort seien:

 

"Ein Zitat wird dann zu einer Redensart, wenn es anonym, verfuegbar geworden ist, wenn eben nicht mehr ‚zitiert’ wird. In dem Augenblick, wo bei einem Zitat der literarische Urheber vergessen wird, ist der Schritt zur Redensart schon getan."

 

Nach der Meinung von E.Riesel und E. Schendels koennen Redewendungen, Aussprüche, Zitate und sprichwörtliche Redensarten, je nachdem, ob sie als Impuls oder als Beleg eingesetzt werden, den Ausgangs- oder Endpunkt von Überlegungen über den Text bilden. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Absicherung der Aussagen des Schreibers durch den Text. Ein Zitat sollte außer dem Wortlaut der zitierten Textstelle auch die Angabe der Fundstelle enthalten (Zahl der Seite, Strophe, Zeile usw.).

Oft ist ein Zitat mit bloßen Anführungszeichen nicht ausreichend gekennzeichnet durch Satzzeichen (Doppelpunkt, Klammern), aber auch durch direkte Ankündigungen (z. B. "wie er sagt") oder Kennzeichnungen ("dieser Wunsch der Spinnerin") können zusätzliche Signale gesetzt werden.

Die Sprichwörter mit grober Stilfärbung, im 16. Jahrhundert eine häufige Erscheinung, sind heute zum gröstem Teil ins historische Arhiv eingegangen.

Diese festen Wendungen, in denen sich einerseits allgemeine Einstellungen niederschlagen und die andrerseits solche Einstellungen verstärken, sind ein wichtiger Beitrag zur Alltagskultur. Man verwendet sie häufig, vielleicht noch häufiger aber bezieht man sich auf sie oder spielt, z. B. in Zeitungsschlagzeilen. Die Kenntnis dieses Volkswissens, ausgedrückt in Redewendungen, die als bekannt vorausgesetzt werden, ist eine bedeutsame Komponente des sprachlichen Aspekts der soziokulturellen Kompetenz.

Die Sprache ist das Mittel der Dichtung, der Philosophie, der Wissenschaft und all dessen, wo im Geiste über Dinge gehandelt wird, die uns nicht unmittelbar betreffen.

Die gefluegelten Woerter aller Type sind von sehr komplizierter Natur. Einerseits stellen sie bestimmte sprachliche Klischées dar, die gewöhnlichen Phrasiologismen ähnlich sind, sich aber von diesen durch direkte und indirekte (bildhafte) Motivierung allgemeinen Sinnes unterscheiden; zum anderen sind das logische (genauer: logisch semiotische) Gebilde, die dieses oder jenes Verhältnis zwischen den Objekten modellieren; und drittens sind das Phänomena der Folklore, die in prägnanter künstlerischer Gestalt die Momente der Wirklichkeit widerspiegeln.

Wie in jedem Genre der Folklore finden in gefluegelten Woerter alle sprachlichen, geographischen, geschichtlichen und anderen Eigentümlichkeiten des Volkes ihren Ausdruck. Zugleich aber gibt es zwischen den Sprüchen verschiedener Völker sinmässig ausnehmend viel Ähnliches. Die herkömmlichen Ergründungen dieses Phänomens durch etnische oder sprachliche Verwandtschaft sowie durch internationale Kontakte und gleichartige geschichtliche und soziale Entwicklung sind nicht zureichend. Das erwähnte Phänomen kann dadurch enträtselt werden, dass die Zitaten,die sogenannten gefluegelten Woerter nichts als Zeichen gewisser Situationen oder gewissen Verhältnisses zwischen den Dingen darstellen.

Nach E.Riesel und E.Schendels sind zahlreiche Sentenzen, Aphorismen und Aussprüche berühmter Dichter, Staatsmänner, Gelehrten als feste Elemente des Wortbestands in den allgemeinen Sprachgebrauch eingeflossen. Nach alter Tradition werden sie unter den Namen geflügelte Wörter in die Phraseologie eingegliedert. Man nimmt den in den Fachliteratur gebrauchten Terminus an- hauptsächlich deshalb, weil gerade die Expressivität des Gedankengehalts, die Appelwirkung und Eindringlichkeit der geflügelten Worte sie von Mund zu Mund „fliegen“ lassen. Ein Grossteil dieser Gruppe ist durch wirksame Bildkraft (und insbesondere durch Symbolik) gekennzeichnet.

Schiller, „ An die Freude“:

 

Seid umschlungen, Millionen!

Diesen Kuss der ganzen Welt!

 

 

Zu den geflügelten Woertern gehört auch eine Anzahl fester Wortverbindungen und Wortzusammensetzungen, die bloss einen Einzelbegriff ausdrücken. Dies trifft aber nur dann zu, wenn sie die obengenannten Bedingungen erfühlen: entstanden zu sein als Ausspruch bestimmter Personen, zitiert zu werden von mehr oder weniger breiten Massen.

Dazu einige Beispiele:

 

Der springende Punkt – nach Aristotele: der Punkt, auf den

alles ankommt

Auf Flügeln des Gesanges (Heine)

 

Eine betraechtliche Menge gefluegelter Zitate liefern die Werke der deutschen Klassik; z.B. Goethe, «Faust»:

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,

Der taeglich sie erodern muss.

 

Praktischer Teil



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