Der Verfassungsgerichtshof besteht aus dem Präsidenten des Oberverwaltungs- gerichts als Vorsitzendem, aus drei weiteren Berufsrichtern und aus fünf weiteren Mitgliedern, die nicht die Befähigung zum Richteramt haben müssen (ordentliche Mitglieder). Ferner gehören ihm der Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts als Vertreter des Vorsitzenden, drei weitere Berufsrichter sowie fünf weitere Mitglieder, die nicht die Befähigung zum Richteramt haben müssen, als Vertreter der ordentlichen Mitglieder an (stellvertretende Mitglieder).
Mit Ausnahme des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts werden die ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder vom Landtag mit 2/3 Mehrheit auf die Dauer von sechs Jahren gewählt.
Aufgaben, Verfahren und Organisation des Verfassungsgerichtshofs.
Der Verfassungsgerichtshof ist das höchste Gericht in Rheinland- Pfalz. Seit seiner Gründung im Jahre 1947 wacht er als "Hüter der Verfassung" darüber, dass diese von Gesetzgeber, Verwaltung und Justiz eingehalten wird. Alle staatlichen Stellen sind zur Beachtung der Landesverfassung verpflichtet. Im Streitfall entscheidet der Verfassungsgerichtshof letztverbindlich.
Die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs können auch politische Wirkungen haben. Das beruht darauf, dass es Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs ist, die Verfassung letztverbindlich zu interpretieren. Dennoch trifft der Verfassungsgerichtshof keine politischen, sondern rechtliche, ausschließlich vom Maßstab der Verfassung geleitete Entscheidungen.
Der Verfassungsgerichtshof wird nur auf Antrag tätig. Die Landesverfassung selbst bestimmt, in welchen Fällen er angerufen werden kann. Die näheren Voraussetzungen sind in der Landesverfassung und im Landesgesetz über den Verfassungsgerichtshof geregelt. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem Gerichtsorganisationsgesetz sowie der Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz. Die wichtigsten Verfahren sind die Verfassungsbeschwerde, das Normenkontrollverfahren und der Organstreit.
Verfassungsbeschwerde. Die Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshofs kann jeder mit der Behauptung erheben, durch die öffentliche Gewalt des Landes in einem seiner in der Verfassung für Rheinland-Pfalz enthaltenen Rechte verletzt zu sein (Art. 130a Landesverfassung).Der Verfassungsgerichtshof kann die Verfassungswidrigkeit einer Maßnahme der öffentlichen Gewalt feststellen sowie die angegriffene Entscheidung aufheben und die Sache an ein zuständiges Gericht zurückverweisen. Andere Klageziele können im Wege der Verfassungsbeschwerde nicht erreicht werden. Das gilt z. B. für die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die Stellung von Strafanträgen u. ä. Die Landesverfassungsbeschwerde ist grundsätzlich unzulässig, soweit die öffentliche Gewalt des Landes Bundesrecht ausführt oder anwendet (sogenannte Bundesrechtsklausel). Dies gilt jedoch nicht für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens oder wenn die Landesverfassung weiterreichende Rechte als das Grundgesetz gewährleistet.
|
Organisation. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht nur Gericht. Er ist - neben Landtag und Landesregierung - auch Verfassungsorgan. Als solches unterliegt der Verfassungsgerichtshof keinen Weisungen und Aufsichtsbefugnissen anderer Verfassungsorgane. Ebenso wenig unterstehen die einzelnen Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Verfassungsrichter der Dienstaufsicht oder Disziplinargewalt einer anderen Stelle. Sie können nur nach den für Richter geltenden Vorschriften ihres Amtes enthoben werden.
Die Landesverfassung sieht den Verfassungsgerichtshof als "Annnexgericht" zum Oberverwaltungsgericht. Dort hat er seinen Sitz. Hier werden auch die Geschäfte des Verfassungsgerichtshofs geführt. Zwischen dem Amt des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts und dem des Verfassungsgerichtshofs besteht Personalunion. Der Präsident leitet die Verwaltung des Verfassungsgerichtshofs, der allerdings keinen eigenen personellen und sachlichen "Unterbau" hat. Vielmehr werden Personal und Einrichtungen des Oberverwaltungsgerichts (z.B. wissenschaftliche Mitarbeiter, Bibliothek, Geschäftsstelle, Protokoll- und Schreibdienst, Wachtmeisterei, Amtstracht usw.) bei Bedarf für die Aufgabenerledigung des Verfassungsgerichtshofs eingesetzt. Auch die Haushaltsmittel für den Verfassungsgerichtshof sind in dem für das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz veranschlagten Etat des Justizressort ausgewiesen.
Verfassungsbeschwerde
Verfassungsbeschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen führen nicht zur Überprüfung im vollen Umfang. Es werden nur verfassungsrechtliche Verstöße nachgeprüft. Dass die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhaltes, die Auslegung eines Gesetzes oder seiner Anwendung auf den einzelnen Fall möglicherweise Fehler enthalten, bedeutet für sich allein nicht schon eine Grundrechtsverletzung.
Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist grundsätzlich kostenfrei. Bei unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Verfassungsbeschwerden kann dem Beschwerdeführer jedoch eine Gebühr bis zu 500,00 EUR, im Missbrauchsfall bis zu 2.500,00 EUR auferlegt werden. Die Anrufung des Verfassungsgerichtshofs ist grundsätzlich erst dann zulässig, wenn der Bürger zuvor alle ihm sonst durch die Rechtsordnung eingeräumten Rechtsbehelfe vergeblich genutzt hat und keine anderweitige Möglichkeit besteht (oder bestand), die Grundrechtsverletzung zu beseitigen. Lediglich in Fällen von allgemeiner Bedeutung oder bei schweren und unabwendbaren Nachteilen ist eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vor Erschöpfung des Rechtswegs zulässig. Bei der Erhebung der Verfassungsbeschwerde sind zudem verschiedene Fristen zu beachten.
|
Normenkontrolle. Hält ein Gericht ein Landesgesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, mit der Verfassung nicht für vereinbar, so ist das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes einzuholen (konkrete Normenkontrolle). Nur der Verfassungsgerichtshof darf feststellen, dass ein Landesgesetz mit der Landesverfassung für Rheinland-Pfalz nicht vereinbar ist. Darüber hinaus können die Landesregierung, der Landtag, jede Landtags-Fraktion sowie die sonstigen in Artikel 130 der Landesverfassung genannten Beteiligten eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs darüber beantragen, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist (abstrakte Normenkontrolle). Ein solches Antragsrecht räumt die Landesverfassung insbesondere auch jeder Körperschaft des öffentlichen Rechts ein, sofern deren eigener Rechtskreis betroffen ist. Hierdurch hat die abstrakte Normenkontrolle für die Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofs besondere Bedeutung erlangt.
Organstreit. Die, in Art. 130 der Landesverfassung näher bezeichneten Beteiligten (insbesondere also Landesregierung, Landtag und Landtagsfraktionen) können auch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs darüber beantragen, ob die "sonstige Handlung" eines Verfassungsorgans des Landes verfassungswidrig ist. In diesen Verfahren können die Verfassungsorgane Streitigkeiten über den Umfang ihrer wechselseitigen Rechte und Pflichten austragen, die sich aus der Auslegung der Landesverfassung ergeben.