Klassifikationsprinzipien der phonetischen Stile




Die Zahl der phonetischen Stile, die in der Linguistik genannt werden, ist unterschiedlich. Sie schwankt in bedeutenden Grenzen, zwischen zwei und fünf, weil der Gliederung verschiedene Kriterien zugrunde gelegt werden.

Für L.W. Schtscherba war, z.B., die Artikulationsweise ausschlaggebend. Auf dieser Grundlage stellte er den vollen Stil, wo alle Laute deutlich artikuliert werden, der Umgangssprache gegenüber, wo es auf die genaue Artikulation weniger ankommt.

E. Stock dagegen meinte, dass für die phonetische Gestaltung des Textes vor allem sein Produktionsweg wichtig ist: Wird der Text frei gesprochen oder wird ein Manuskript vorbereitet und danach ausdrucksvoll vorgelesen. Deshalb machte er einen Unterschied zwischen zwei anderen phonetischen Stilen: frei gesprochenen und künstlerisch vorgelesenen mündlichen Texten.

Im „Großen Wörterbuch der deutschen Aussprache“, das die Sichtweise der DDR-Linguisten präsentiert, werden drei phonetische Stile genannt:

Ø feierlicher Vortrag,

Ø Lesung von Manuskripten und

Ø ruhiges sachliches Gespräch.

Es ist nicht leicht, in dieser Klassifikation ein einheitliches Einteilungsprinzip zu finden. Man könnte jedoch die Artikulationsschärfe vermuten, denn sie sinkt von der Feierrede zum Gespräch. Auf jeden Fall liegen alle diese Stile im Bereich der Hochlautung.

Der Moskauer Phonetiker O. Kosmin präsentiert vier phonetische Stile (er nennt sie zwar nicht Stile, sondern Varianten der mündlichen Rede). Dabei berücksichtigt er bei ihrer Differenzierung einige Aspekte: Grad der Vorbereitung des Textes, Form der Rede (Dialog/Monolog), Ort des Empfangs (Rede in der Öffentlichkeit oder im Alltag), direkten oder mittelbaren Kontakt zwischen den Sprechpartnern. Je nach Verbindung dieser Kriterien unterscheidet er zwischen

Ø vorbereitetem offiziellem Monolog,

Ø öffentlicher dialogischer Kontaktrede,

Ø unvorbereitetem Monolog und

Ø Alltagsdialog.

Ch. Zacharias und S.M. Gaidučik sprechen von je fünf phonetischen Stilen, trennen sie jedoch nach verschiedenen Grundsätzen. Ch. Zacharias unterscheidet vor allem zwischen zwei Ebenen der deutschen Sprache: Hochsprache und Umgangssprache. Innerhalb der Hochsprache differenziert sie zwischen Vortrag und gehobenem Vortrag. In der unteren Ebene unterscheidet sie zwischen gehobener, mittlerer und niedriger Stufe der Umgangssprache. Schematisch kann man das folgenderweise darstellen:

 

Vortrag

Hochsprache gehobener Vortrag

Sprache gehobene Stufe

Umgangssprache mittlere Stufe

niedrige Stufe

 

Für S.M. Gaidučik waren auch einige Faktoren von Bedeutung: der Lebensbereich, in welchem die Sprache funktioniert, und Beziehungen zwischen den Sprechpartnern. Von diesem Standpunkt aus machte er einen Unterschied zwischen drei Ebenen in dem offiziellen Verkehr (Feierrede, wissenschaftliche Rede und offizielle sachliche Kommunikation) und zwei Ebenen in der inoffiziellen Umgangssprache: alltägliche Umgangssprache und familiärer Stil. Schematisch sieht das folgenderweise aus:

 

Feierrede

offiziell wissenschaftliche Rede

Beziehung offizielle sachliche Rede

inoffiziell ungezwungene Umgangssprache

familiäre Umgangssprache

 

Man kann sehen, dass keine von diesen Klassifikationen hundertprozentig streng ist, deshalb wird nach den Systematisierungsmöglichkeiten der mündlichen Texte weiter gesucht. Das gilt nicht nur für die deutsche Sprache, sondern auch für alle anderen.



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